Heimat Bote Nr. 38


Liebe Heimatbotenleser

V
on Karl Zibner habe ich mal ein Foto von der Großheidekrüger Dampferbrücke in Farbe und vergrößert bekommen. Dies Bild habe ich in einem Bilderrahmen neben meinem Bett aufgehängt. Als ich jetzt mal für ein paar Tage das Bett hüten mußte, fielen mir ein paar Erinnerungen ein, die mit dieser Dampferbrücke in Verbindung zu bringen sind.
Als wir noch Schuljungen waren und unser Taschengeld aufbessern wollten, haben wir Blumensträuße verschiedener Art den Dampfergästen, die nach Königsberg nah Hause fuhren angeboten und somit unser Taschengeld aufgebessert. Die Sträuße waren zum Beispiel Flieder aus unseren Gärten oder auch Maiglöckchen, die wir im Wald gepflückt heben. Je nach Größe der Sträuße haben wir von 20 bis 50 Pfennig kassiert, und das so einige Mal war ganz schön mitzunehmen.
Unter diesen Dampfergästen waren Vereine, zum Teil mit Musikkapellen, zum Teil auch ganz schön angetrunken und lustig.

Einmal entsinne ich mich, es war sehr windig. Einem von diesen Dampfergästen fegte der Wind den Hut vom Kopf und in den Hafen rein. Einer von den Großheidekrüger Jungs hatte seine Badehosen unter den Sachen an. Er zog sein Oberzeug aus, sprang in den Hafen und holte den Hut aus dem Wasser, und der Besitzer hatte seinen Hut, wenn auch naß, wieder.
Dem Besitzer muß der Hut wohl viel wert gewesen sein, denn er gab dem Hutretter drei Mark dafür.
Das Baden im Hafen war ja verboten. Viele Jungens sprangen trotzdem doch vom Brückengeländer in den Hafen und schwammen zur anderen Seite des Hafens. Das hat den Hafenmeister sehr geärgert, und er versuchte, dieser Jungen habhaft zu werden, aber immer vergebens.

Noch eine andere Erinnerung. Auf der anderen Seite des Hafens war das Wasser flach, wir sagten dazu das "Kleine Haff". Hier hatten die Fischer ihre kleinen Boote liegen, mit denen sie zu ihren Angelkähnen fuhren.
Einmal hatten ein paar fünf bis siebenjährige Jungens sich in so ein Boot gesetzt, und mit einer kurzen Stange setzten sie sich mit dem Boot in Bewegung. Es war Nordwind, und somit trieben sie ins tiefe Wasser, so dass ihre Stange zu kurz wurde.
Bei dem Nordwind trieben sie in Richtung Seekanal und hatten mit ihrer kurzen Stange keinen Grund mehr. Da fingen sie an zu weinen.
Unter dieser Dampferbrücke hatte der Hafenmeister sein Boot angeschlossen. Zum Glück hatte er auch die Ruderblätter drin liegen. Zufällig waren drei junge Männer von etwa zwanzig Jahren da, die das Seil, womit das Boot angeschlossen war, durchschnitten und den Kindern zu Hilfe gerudert sind. Es kam auch gerade ein größeres Schiff durch den Seekanal, das seine Schiffssirenen voll ertönen ließ und schon die Geschwindigkeit gedrosselt hatte. Aber diese drei jungen Großheidekrüger kamen noch rechtzeitig und konnten die Kinder in ihre Obhut nehmen. So gab es noch eine gute Tat, dass mit dem unter der Hafenbrücke liegenden Boot Hilfe gebracht werden konnte!

Karl Siedler


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