Heimat Bote Nr. 39


Hilfe scheiterte an der Grenze

Wie Mitarbeiterinnen der AWO an russischen Zöllnern scheiterten
Sichtlich bedrückt sitzen die beiden Mitarbeiterinnen des AWOLandesverbandes in der Kieler Feldstraße an ihren Schreibtischen. Mit zwei Kollegen hatten sie sich in einem Kleintransporter und einem Lkw am 28. Juni auf den Weg ins russische Dowatorowka gemacht, um Spenden an der dortigen Schule abzuliefern. Doch sie musten mit den gesamten Hilfsgütern umkehren. Die Geschichte, die Personalsachbearbeiterin Carmen Loesch und die Auszubildende Antje Kranz erzählen, klingt abenteuerlich.
Waren sie im vergangenen November mit ihren Hilfstransporten Kleidung, Spielsachen, Möbel und Schulmaterial noch ungeschoren zu dem Ort nahe Insterburg (Tschernjachowsk) vorgedrungen, lief diesmal von Anfang an vieles problematisch. Wir haben unsere Reisepässe nach Russland zu einer Sozialarbeiterin geschickt, die für uns die Visen besorgen sollte, berichtet Loesch. Doch die Sozialarbeiterin unterschlug das Geld, 50 Euro, und tat überhaupt nichts Die vier Visa erhielten sie erst auf der Hinfahrt in Danzig, weil der Konsul ihnen unbürokratisch geholfen habe, berichte Kranz. Da sie aber aus dem Grund den Umweg über Danzig machen mussten, wählten sie dieses Mal einen anderen Grenzübergang als im Herbst, nämlich den in Bagrationovska Die polnischen Zöllner ließen sie dort ohne Probleme passieren; die russischen forderten unverhohlen Schmiergeld: Für den Kleintransporter mit Möbeln sollten sie 2000 Dollar zahlen, für den ZwölfTonner, der hauptsächlich Kleidersäcke transportierte, 2000 Euro. Sie seien voller Absicht schikaniert worden, sind beide überzeugt.
Mal sollten sie die Bescheinigung über die Fahrtauglichkeit des Lasters vorlegen, mal sollte der Lkw, den die Neumünsteraner Spedition Wyckhoff/ABX Logistik zur Verfügung gestellt hatte, ins Land gelassen werden, aber sie nicht: Es sei denn wir könnten 2000 Dollar zahlen, empört sich Loesch. Die russische Schuldirektorin, die die AWOMitarbeiter am Grenzübergang in Empfang genommen hatte, setzte durch, dass die AWOMitarbeiter samt Spendentransporter unbehelligt wieder ausreisen konnten. Sie hatte Goldschmuck in der Tasche und schmierte die Zöllner, die uns gedroht hatten, uns sonst eine Woche im Niemandsland zu behalten, so die Personalsachbearbeiterin.
So konnten die vier AWOMitarbeiter zwar wieder ohne weitere Schwierigkeiten nach Kiel zurückkehren, aber in Russland gab es bittere Tränen, erfuhr Loesch. Denn die Leute dort hätten sich schon so auf die dringend benötigte Hilfe gefreut. Im November hatten die Helfer beobachtet, wie Kinder den Schulweg im Schnee nur mit Stoffschuhen an den Füßen durchstapften.
Da sie in Kiel über keine Lagerkapazitäten verfügen, haben sie nun den Inhalt des Zwölftonners an den AWOLandesverband Berlin weitergeschickt, der die Sachen jetzt an rumänische Kinder weiterleiten will. Die anderen Sachen lagert die AWO in den Kieler Räumen, in der Hoffnung, sie doch noch an die Schüler in der Region Königsberg bringen zu können. Wer dafür spenden möchte:

Spendenkonto bei der Landesbank Kiel

(BLZ 21050000)

Nr. 530005023 mad

[Kieler Nachrichten, 9. Juli 2002]



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