Heimat Bote Nr. 42


Zentrum gegen Vertreibungen

Der Streit um das Zentrum gegen Vertreibungen hat inzwischen einen widerlichen Höhepunkt erreicht. Die polnische Zeitschrift "Wprost" brachte eine skandalöse Fotomontage mit der Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, wie sie in SSUniform auf Bundeskanzler Schröder reitet. "Diese Karikatur ist nicht nur unverschämt sondern auch falsch", schreibt eine Frankfurter Zeitung, "denn Schröder ist gegen ein Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin." Noch im vergangenen Jahr war die Bundesregierung diesem Projekt gegenüber eher positiv eingestellt, jetzt lehnt sie den Plan ab.
Die Gründe für die neuerliche Ablehnung sind oft fadenscheinig und nicht haltbar. Ich will versuchen, eine gewisse Übersicht in die verschiedenen Stellungnahmen in der Presse und von namhaften Persönlichkeiten zu bringen.

1. Warum führen gerade die Polen solche bösartigen Angriffe?
Hierzu einige Auszüge aus einem Artikel von Frau Dr. Helga Hirsch – freie Journalistin in Berlin in der WELT vom 19.10.03.

"Vom kleinen Angestellten bis zum Ministerpräsidenten und Staatspräsidenten sind sich alle Polen einig: Es soll kein Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin geben. Seit zwei Monaten überschütten Journalisten, Historiker und Politiker das Projekt mit Vorbehalten und machen Ängste geltend, die nicht im Projekt selbst, wohl aber im traditionellen polnischen Denken über den deutschen Erbfeind begründet sind: . .
Als wollte Deutschland wieder eine Diskussion über die deutschpolnische Grenze an Oder und Neisse eröffnen. Als warteten deutsche Bürger nur darauf, Polen wenn es denn Mitglied in der Europäischen Union sein wird mit Entschädigungsklagen vor dem Europäischen Gerichtshof zu überschütten.
In Polen herrscht Angst. Die Angst, Polen, obwohl es zu den Hauptleidtragenden des Krieges zählte, werde nun auch noch für die Folgen des Krieges zur Kasse gebeten. Angst, das Leiden der Polen werde noch mehr in den Hintergrund gedrängt, wenn auch die Deutschen ihr Leiden geltend machen. Einige Politiker und Journalisten drohten bereits: wenn das Zentrum in Deutschland entstünde oder wenn deutsche Entschädigungsforderungen in Polen eingingen, werde sich Polen revanchieren: beispielsweise ein Zentrum über den deutschen Drang nach Osten errichten und von Deutschland mindestens eine Billion Dollar Entschädigung für die Kriegsschäden verlangen.
Sind das Folgen realer Ängste aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs oder Nachwirkungen kommunistischer Propaganda? . . . Jetzt scheinen einige jedes Maß zu verlieren, weil der Bund der Vertriebenen die Bühne betreten hat: jene Organisation, die die Kommunisten jahrzehntelang als Inkarnation des revanchistischen Deutschland an die Wand malten und die neuen Bewohner von Pommern und Schlesien bis 1989 fürchten ließ, die Deutschen kämen zurück, die Polen müssten wieder gehen.
Tatsache jedenfalls ist, dass Polen augenblicklich gegen ein Deutschland anrennt, das nicht existiert außer in der Fantasie mancher Kommentatoren und auf den Titelblättern der Wochenzeitung ,,Wprost", die Erika Steinbach in SSUniform zeigen, wie sie triumphlerend auf Kanzler Schröder reitet:
Als habe Deutschland die Vertriebenen 50 Jahre aufgepäppelt, um sie jetzt wieder gegen die Nachbarn in Einsatz zu bringen.
In fast allen europäischen Staaten erleben wir augenblicklich ein Aufbrechen tabuisierter Themen. Schattenseiten werden integriert, einseitige Geschichtsbilder korrigiert. Im Unterschied zu Polen hat dieser Prozess für die meisten Deutschen jedoch nichts Bedrohliches, sondern eher etwas Befreiendes. Denn nachdem sich Deutschland jahrzehntelang mit seiner Schuld und den Verbrechen der NaziDiktatur auseinander gesetzt hat, wagt es nun auch, über Hitlers letzte Opfer und das Leiden von Deutschen zu reden.
Die Polen hingegen, in ihrem Selbstbildnis durch die Vorstellung von Polen als dem Christus unter den Nationen also von ihrem Opferstatus geprägt, werden mit ihren Schuldanteilen konfrontiert: Ob und wie sie den Nazis bei der Ausrottung von Juden Hilfestellung leisteten. Ob und wie sie die alliierten Siegermächte bei der Vertreibung der Deutschen unterstützten. Insofern rüttelt die augenblickliche Veränderung des deutschen Selbstbildnisses an einem bereits labilen Selbstbildnis der Polen. . . "

Würden die Polen nicht eher vorsichtig sein als so unverschämt gegen Deutschland zu hetzen, wenn sie wirklich Angst hätten? Wir kennen noch die Sprüche von Walesa: Polen könne Deutschland ausradieren. Die Deutschen hätten nur Angst vor der polnischen Intelligenz, usw. "Polens schimmernde Wehr wird Deutschland zerschmettern!", endeten bei Kriegbeginn 1939 die abendlichen militärischen "Erfolgsnachrichten" im polnischen Rundfunk. – Jetzt sind die Polen wieder stark mit George W. Bush im Rücken.
Alles wiederholt sich offensichtlich. Die hysterische Angst spielten sie schon 1990, siehe Heimat Boten Folge 13, Seite 45.

2. Unter der Überschrift: "Polen gegen rein deutsche Sicht der Vertreibung" beschreibt Eva Krafczyk die Meinung vieler Polen:

Warschau. Auch diejenigen Polen, die ausgesprochen deutschfreundlich sind und sich seit Jahrzehnten für Aussöhnung mit dem Nachbarn im Westen eingesetzt haben, schütteln die Köpfe. Ein "Zentrum gegen Vertreibungen", das nach dem Willen des Bundes der Vertriebenen (BdV) in Berlin entstehen soll, lässt bei ihnen Sorge vor einer einseitigen Darstellung des Leids nur der deutschen Vertriebenen und Flüchtlinge aufkommen.

Wer die polnischen Unwahrheiten und Geschichtsfälschungen in Reiseprospekten und Schulbüchern von polnischen offiziellen Institutionen in den Nachkriegsjahren kennt, kommt unfehlbar zu dem Schluß, dass die Polen von sich auf andere schließen.

3. Einige interessante Punkte aus dem Aufsatz von Professor Peter Glotz am 20.9.03 in der Welt zur den Begründungen der Notwendigkeit und zur wahren Bedeutung eines Zentrums gegen Vertreibungen.

" . . .Das eigentlich Irritierende ist aber nicht diese Emotionskommunikation des polnischen Boulevards, sondern die Harthörigkeit vieler Diskussionsteilnehmer. Erika Steinbach und ich haben hundert Mal darauf hingewiesen, dass wir nie daran gedacht haben, die Vertreibung der Deutschen aus ihrem politischen Kontext zu lösen. . . Wir haben vor allem immer wieder auf den Plural im Namen des geplanten Zentrums hingewiesen. Es geht uns nicht nur um die Vertreibung der Deutschen, sondern um die Vertreibung an sich. Die Vertreibung der Armenier 1915 oder der KosovoAlbaner in den neunziger Jahren gehört genauso zumThema. . . .
All das hat uns nichts geholfen. Auch die Tatsache, dass die unterschiedlichsten Leute von Ralph Giordano bis zu Graf Lambsdorff, von Rupert Neudeck bis zu Helga Hirsch einzelne unserer Aktivitäten unterstützen, zählte nicht. . .
Die nahe liegende Reaktion mancher wohl meinenden und an gutnachbarlichen Beziehungen interessierten Deutschen lautet nun: "Hört auf!" Man darf das Vertreibungsthema nicht berühren, es störte unsere Beziehungen zu Polen und anderen mittelosteuropäischen Ländern. Die Zukunft sei wichtiger als die Vergangenheit. Diese Parole ist sicher richtig. Aber kann man eine gute Zukunft auf Verschweigen, Halbwahrheiten, politisch korrektem Gesäusel aufbauen? Nein. . . . Vertreibung ist ein Verbrechen. Den Deutschen, die in der NaziZeit selbst vertrieben haben und Vertreibungen im großen Stil planten, stünde es gut an, sichtbar gegen Vertreibungen zu kämpfen. Eine rotgrüne Regierung gehört in solch einem Kampf an vorderste Front, nicht in die Etappe einer sinnlosen politischen Korrektheit."

4. Eine weitere Zeitungsmeldung

Der Vertriebenen-Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Weihbischof Gerhard Pieschl, hat sich hinter das vom Bund der Vertriebenen auf den Weg gebrachte Projekt eines Zentrums gegen Vertreibungen in Berlin gestellt. Die Gedenkstätte sei "absolut notwendig". Das deutsche Volk habe bislang kein Verständnis für die über 2,5 Millionen Opfer während der Vertreibung, sagte Pieschl. Ein solches Zentrum sei "ein Stachel im Fleisch all derer, die am liebsten einen Schlussstrich ziehen wollen und es am liebsten sähen, wenn Deutsche in alle Ewigkeit nur als Täter dargestellt werden." KNA

5. Zum Schluß noch ein lesenswerter Leserbrief

Zu: "Schröder lehnt Zentrum für Vertriebene in Berlin ab", WELT vom 14. August
Die Deutschen haben ihre Opfer bisher nicht einmal sehen dürfen, denn die große Mehrheit der Deutschen weiß überhaupt nicht, was für fürchterlichste Verbrechen an Deutschen begangen worden sind. In unserem Land wurde und wird unter der Beteiligung der Medien unterschlagen, was Deutsche im Umfeld des Zweiten Weltkrieges erlitten haben, wobei mit der "AufrechnungsKeule" alle niedergemacht wurden, die auf Verbrechen an Deutschen hinweisen oder sie aufzeigen wollten. Deutschland hat sich wie kein anderes Land auf dieser Erde zu seiner historischen Schuld bekannt und übt sich fortlaufend im NieVergessen. Länder wie Polen, Tschechien oder Jugoslawien hingegen haben noch nicht einmal begonnen eigene Schuld aufzuzeigen und sich zu ihr zu bekennen. Wenn wir Deutschen ein Zentrum gegen Vertreibungen wollen und, wie ich meine, auch dringend nötig haben, dann sollten wir es endlich in der deutschen Hauptstadt einrichten und alle anderen Staaten einladen, sich an ihm beteiligen. Nur Lügen, Vertuschen, Leugnen und Aufrechnen sollten wir nie zulassen.
Dieter Pfeiffer 14197 Berlin

Die Zusammenstellung zeigt, dass der Hauptwiderstand gegen das Zentrum bei der jetzigen Bundesregierung zu suchen ist. Einige Staaten könnten womöglich nicht mehr lieb mit uns sein; wir sind zu feige und zögerlich. Erika Steinbach spricht es aus: "Schröder hat Angst vor unseren Nachbarn." Andere Staaten würden sich solche Einmischungen in mehr oder weniger innere Angelegenheiten von außen energisch und selbstbewußt verbeten. (Beispiel: Italien – Berluskoni)
Der Streit wird vermutlich hart und lange dauern aber hoffentlich nicht ergebnislos weitergehen, wie zur Zeit fast alles in unserem Staat. Warten wir es ab!
In der Zeitung Die WELT sprechen sich 20 bekannte Wissenschaftler und andere Persönlichkeiten (mit Foto) für das Zentrum gegen Vertreibungen aus. Hier dem Alphabet nach die ersten sechs: Prof Arnulf Baring – Professor Dieter Blumenwitz – Joachim Gauck – Prof Peter Glotz – Dr Otto von Habsburg – Dr. Helga Hirsch – . . .
Sie rufen zu Spenden auf, die steuerlich abzugsfähig sind.

Hierzu noch eine Anmerkung: Bei einem Tel.Gespräch im Oktober 03 machte mich die Präsidentin des BdV Frau Erika Steinbach (MdB) darauf aufmerksam, dass wir die Arbeit für das Zentrum gegen Vertreibung auch wesentlich durch Spenden unterstützen können. Ich möchte doch die Konto Nr. in unserem Heimat Boten angeben. Viele hätten bereits gespendet, auch viele, die selbst nicht aus den Ostgebieten vertrieben sind.

Deutsche Bank AG, Konto 3112000, BLZ 38070024

Die Anschrift des "Zentrum gegen Vertreibungen" lautet:
Friedrichstaße 35/V, 65185 Wiesbaden, Tel.: O611 – 3601928,
Fax.: 0611 – 3601929 – www.zgv.de – EMail info@zgv.de

Siegfried Hanemann





Zurück
zum Seitenanfang

Zurück
zum Inhalt Nr. 42