Heimat Bote Nr. 45

"Welt" Samstag, 12. März 2005

Königsberg-Jubiläum mit Peinlichkeit
VON MANFRED QUIRING

Ginge es nach Viktor Sokerina, gäbe es in diesem Jahr überhaupt kein Jubiläum zu feiern in Kaliningrad, dem früheren Königsberg. Zwar wird die Stadt 750 Jahre alt, aber Viktor Sokerina, ein ExGeneral der baltischen Flotte, läßt nur Stalins Verwaltungsakt gelten, der 1946 diesen Teil Ostpreußens zum Gebiet Kaliningrad mit der gleichnamigen Hauptstadt machte. Die jahrhundertelange, von Deutschen geprägte Geschichte Königsbergs ignoriert er, erfolglos. Zur Zeit versucht er, mit einer Unterschriftenaktion den "Wunsch des Volkes" nach einem StalinDenkmal zu beweisen. Stalin stand schon einmal auf dem Siegesplatz. 1958 wurde er über Nacht durch Lenin ersetzt. Selbst Lenin, dessen Statuen in vielen russischen Kleinstädten immer noch an zentralen Orten stehen, wird von Kaliningradern infrage gestellt. Trotz wütender Leserbriefe an Lokalzeitungen soll der "Führer des Weltproletariats" vom Zentrum des Platzes an den Rand versetzt werden.
Überragt wird die Statue ohnehin von der noch im Bau befindlichen orthodoxen ChristusKirche. Mit ihr wollen die Verantwortlichen in der Stadt eine Tradition beschwören, die es hier allerdings nicht gegeben hat. In Königsberg haben nie Russen gelebt, sieht man von den Jahren nach dem Krieg ab. Doch die waren alles andere als christlichorthodox. Aber man will ein Zeichen setzen im Jubiläumsjahr: Kaliningrad ist und bleibt russisch.
Auf deutsche Touristen will die Stadt natürlich nicht verzichten. Man rechnet im Jubiläumsjahr mit einem verstärkten Aufkommen von "Nostalgiereisenden", die Verkehrsanbindungen in der Luft und auf der Schiene werden verbessert. Sogar ein Stadtplan mit den historischen Straßennamen extra für die Deutschen wurde erstellt.
Allerdings ist den Autoren, darunter auch Historiker, ein peinliches Mißgeschick unterlaufen. Der KalininProspekt heißt auf dem Plan "HorstWesselStraße". Die Nationalsozialisten hatten die Straße nach ihrer Machtergreifung nach dem 1930 ermordeten SATruppenführer Horst Wessel getauft. Auch andere Plätze und Straßen Königsbergs waren in der Nazizeit umbenannt worden, erhielten aber auf dem neuen Stadtplan ihre alten deutschen Bezeichnungen wieder. Jetzt herrscht Hochdruck im Kaliningrader "Druckzentrum". Die Mitarbeiter müssen Hand anlegen, um den Fehler zu korrigieren. In Handarbeit überkleben sie die NaziBezeichnung der Straße auf den 12 000 gedruckten Exemplaren, die auf dem Plan dann wieder so heißt wie damals, als Kaliningrad noch Königsberg war: Österreichstraße.
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Heimweh

Von Fernweh geplagt,
aus der Heimat verjagt,
von Zuhaus keinen Schimmer,
so ist das jetzt immer.

Auch wenn man noch hoffte,
es bleibt ewig der Schreck,
und das bis zum Tode,
es geht nie mehr weg.

Es pflanzt sich ins Herz,
es wurzelt sehr tief,
und es bleibt doch der Schmerz,
wohin man auch lief.

Worauf willst du warten?
Du bleibst hier gebunden,
auch das was du brauchst,
das hast du gefunden.

Ganz plötzlich und endlich
trifft`s dich wie ein Schuss.
Sei still und halt aus;
es ist doch bald Schluss.





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