Heimat Bote Nr. 50

Siegfried Hanemann

Großheydekrug vor 100 Jahren

Am 10. Juli 2007 schickte uns Herr Dainius Raupelis aus Litauen mit E-Mail eine Postkarte ohne weiteren Kommentar.



Die grüne Briefmarke mit der Germania hatte einen Wert von 5 Pfennigen und ist mit "Gross-Heydekrug N 6" abgestempelt. Ein zweiter Stempel zeigt "11. 8. 06 5-6N - Königsberg (PR) 1". Wurden damals Postsendungen auch im Zielort abgestempelt?

Hochinteressant aber ist die Ansichtsseite "Gruss aus Gr. Heidekrug". Die beiden überlappenden Fotos zeigen, wie es vor über 100 Jahren in Großheidekrug aussah. Solche Blicke in die Vergangenheit sind immer faszinierend. Das erklärt, wie begeistert Altertumsforscher über einen alten Fund sind.

Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts (1903) war die Schwarz-weiß-Photographie zur Betriebsreife entwickelt worden. Also stammen die Ansichten auf dieser Postkarte aus den Jahren zwischen 1903 und 1906.



Auffallend sind die vielen Leute in Feiertagskleidung. Vielleicht wird bei Leskien eine Hochzeit gefeiert, oder es ist ein Feiertag, an dem auch Ausflügler mit Schiffen nach Großheidekrug kamen.

Wahrscheinlich war die Fahrrinne zum Hafen noch nicht für größere Schiffe ausgehoben, sondern nur für Fischer befahrbar. Ausflugsschiffe mussten deshalb weiter draußen vor Anker liegen bleiben. Besucher von Großheidekrug mussten in Kähne umsteigen; daher auch der Sonntagsstaat am Hafen.
Die Fahnenstange bei Höllger oder dem damaligen Besitzer Mörke und die hohen Stangen, an denen das Schild von Leskien befestigt ist, sind mit gewundenen Bändern verziert. Das deutet vielleicht auf den Maifeiertag?

Beim großen Bild "Landungsbrücke" fällt zunächst schwer, eine Verbindung zum heutigen Hafen in Großheidekrug herzustellen. Erst eine Ausschnittsvergrößerung lässt im Hintergrund deutlich Häuser und Gebäude erscheinen. Hier erkennt man auch rechts von der Brücke die beiden langen Stangen des Richtfeuers für die Hafeneinfahrt vom Königsberger Seekanal.
Die Signalstation Deppen war ausschließlich eine Anlage für den Königsberge Seekanal.



Helmut Holstein erklärt das Richtfeuer. Nachts wurden an den Stangen Petroleumlampen hochgezogen, denn elektrisches Licht gab es noch nicht. Die Fischer mussten bei Nacht so fahren, dass sie die beiden Lichter, oder am Tage die Dreiecke der Baken übereinander sahen. Dann blieben sie in der Fahrrinne zum Hafen Großheidekrug

Bei dem kleinen Bild "Dorfstrasse" stand der Fotograf in der späteren Lange Straße und fotografierte in Richtung Schulstraße.


Das linke Grundstück "O. Leskien" war die spätere Gastwirtschaft Werner Lappöhn. (rot markiert). Leskien hatte auch eine Kohlenhandlung, die später Lappöhn mit übernommen hatte. Leider sind die Worte auf dem Schild über O. Leskien nicht lesbar.

Das große Haus rechts gehörte einer Familie Mörke. Es wurde später – das genaue Datum ist nicht bekannt – von Arthur Höllger gekauft. Er hat es 1928 für Gästezimmer um eine Etage aufgestockt. Vermutlich wurde dann auch der Wintergarten angebaut.

Vor dem großen Haus von Artur Höllger auf der rechten Seite zweigt die Hafenstraße ab. Neben Gastwirt Höllger wohnte Familie Karl Holstein (Keerl). Sein Sohn Helmut kennt das kleine Gebäude, das neben Höllger anscheinend auf der Straße steht. Das ist ein Stall von Gustav Liedke in so genannter Grenzbebauung direkt am Bürgersteig, der erst später angelegt wurde. Die Straßen oder Wege hatten damals noch kein Kopfsteinpflaster und keine Bürgersteige.






Die Landungsbrücke war schmäler, als wir sie kennen. Sie hat als Geländer oben nur einen Balken. Zu unserer Zeit hatte sie einen zusätzlichen Zwischenbalken und war weiß gestrichen.

Es fällt auf, dass viele Leute statt der Schiffermützen Hüte tragen. Selbst einer der kleinen Jungen, die auf der Brücke liegen, trägt ein Hütchen.
So regt die Phantasie bei solch alten Bildern zu allerlei Vermutungen an. Man hat den Eindruck, dass die Welt noch in Ordnung war – vor dem ersten Weltkrieg.

Nachlese



Die Gaststätte Höllger, wie wir sie als Haffschlösschen kennen.




Das Haus, als es noch Familie Mörke gehörte. Die Straße ist noch nicht gepflastert.
(Bild Eigentum von Hannelore Jansen {Putti August})
.
Hinter dem Gasthaus Höllger befand sich ein Schießstand.




Zwangloses Treffen einiger Lehrer
von der Schule in Großheidekrug




Oben von links nach rechts:
Unbekannt, Frl Nebel, Lehrer Hermann, Arthur Höllger,
Lehrer August, Herr Preuß (Großvater von Putti)

Unten
Unbekannt mit Kind, Frau Preuß (Großmutter von Putti),
Frau Hermann, Frau Höllger mit Kind, Frau August
(Bild Eigentum von Hannelore Jansen {Putti August})


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